Mens Momentanea, 2001
By Susanne Lambrecht, art journalist (English translation)
From the very beginning, Manuela Sambo has painted colourful pictures of women and animals with an African influence. Whether human or animal, the figures are deliberately abstracted and are an expression of ‘mental states and moods’, of fears, sexual desire and loneliness. The understanding of beauty has nothing to do with modelling aesthetics. The Nigerian proverb ‘iwalewa’, which translates as ‘character is beauty’.
For Manuela Sambo, painting is always a process that shimmers through as line structures in her oil pastel paintings. The space is briefly indicated by areas of colour. Stripes of colour running vertically often give rhythm to the picture. The colour palette features natural tones - indigo blue, red-brown, often shades of green, but also black and white. The faces of the reclining, half-nudes and portraits are depicted frontally. These women are defined solely by their posture and their simple jewellery. These are often the long black hair traced in lines, a turban, for example, and again and again the ornamental painting of the neck, arms or feet. The almond-shaped eyes never look directly at the viewer. Completely introverted, these women - whether nude or clothed - are an expression of concentrated dignity.
By Karla Bilang (English translation)
anuela Sambo was born in Angola and has lived in Germany since 1984. She began making masks while studying German language and literature at Leipzig University, inspired by her contacts with Dresden artists. It was the tent of the Dresden and Berlin Neo-Expressionists, who revolted against the restrictive norms of official GDR art and - similar to the Expressionists of the Dresden ‘Brücke’ eighty years earlier - drew on African and other non-European models. What for the Dresden artists was a return to the source streams of the original art forms, became for Manuela Sambo an exploration of the artistic tradition of her West African homeland. With this link to the African heritage on the one hand and to German Neo-Expressionism on the other, the artist and her work are at the centre of current art processes that focus on criticism of Eurocentrism and the question of artists from the so-called Third World.
With her conscious reference to the form of the mask, Manuela Sambo provides an example of the topicality of African tradition. What means does the artist use to take possession of African tradition and how is it transformed into the here and now? The beginning of the exploration was the construction of masks in a free design made of papier-mâché. Even the choice of material influences the form and expression of the artistic product.
Manuela Sambo's papier-mâché masks are, in principle, formally unbound, i.e. designed and expanded entirely according to the artist's imagination and intuition. This has resulted in masks of sometimes considerable dimensions, up to two metres high. There is no human face behind such a mask. The mask thus frees itself from its ritual ties and the oversized dimensions absolutise the principle of the mask, turning it into a monumental symbol carrier. On the other hand, the masks reveal a creative freedom in dealing with various details and proportions, which only appears to be a formal criterion at first glance, as a closer look reveals reflections on certain formulations and their meanings. One example of this is the focus on the eyes and mouth, the transparent, i.e. open, parts of the mask. In analogy to many African forms, they are actively sculpted as funnel mouths or protruding tubular eyes. However, what in traditional African mask culture functions as an open mediation between the mask wearer and the outside world through seeing and speaking is often partially closed off by bars in Mamuela Sambo's work - a reference to the interruption and prevention of communication, a metaphor for speechlessness.
Mens Momentanea, 2001
Von Susanne Lambrecht, Kunstjournalistin
Von Anfang an malt Manuela Sambo farbintensive Bilder von Frauen und Tieren, die in der Gestaltungsweise afrikanisch geprägt sind. Ob Mensch oder Tier, die Gestalten werden gezielt abstrahiert und sind Ausdruck für „seelische Zustände und Stimmungen“, für Ängste, für sexuelle Lust, für Einsamkeit. Das Verständnis von Schönheit hat mit Model-Ästhetik nichts zu tun. Treffend umschreibt es das nigerianische Sprichwort ,,iwalewa”, das übersetzt heißt „Charakter ist Schönheit”.
Das Malen ist für Manuela Sambo immer ein Prozess, der in den mit Ölkreiden gemalten Bildern als Linienstrukturen durchschimmert. Knapp wird der Raum durch Farbflächen angedeutet. Oft rhythmisieren senkrecht verlaufende Farbstreifen das Bild. Die Farbpalette weist naturhafte Töne auf - Indigoblau, Rot-Braun, oft Grüntöne, aber auch Schwarz und Weiß. Die Gesichter der liegenden, der Halbakte und Bildnisse sind frontal wiedergegeben. Diese Frauen definieren sich allein durch ihre Körperhaltung und ihren schlichten Schmuck. Oft sind dies die langen, in Linien nachgezogenen schwarzen Haare, ein Turban etwa und Immer wieder auch die ornamentenreiche Bemalung von Hals, Armen oder Füßen. Dabei blicken die mandelförmigen Augen den Betrachter nie direkt an. Ganz In sich gekehrt sind diese Frauen - ob als Akt oder bekleidet - Ausdruck konzentrierter Würde.
Von Karla Bilang
Die gebürtige Angolanerin Manuela Sambo lebt seit 1984 in Deutschland. Schon während ihres Germanistikstudiums an der Leipziger Universität begann sie - angeregt durch Kontakte zu Dresdener Künstlern – mit dem Bau von Masken. Es war die Zelt der Dresdener und Berliner Neoexpressionisten, die gegen die einengenden Normen der offiziellen DDR- Kunst revoltierten und dabei – ähnlich wie die Expressionisten der Dresdener „Brücke” achtzig Jahre zuvor - auf afrikanische und andere außereuropäische Vorbilder zurückgriffen. Was für die Dresdener Künstler eine Rückkehr zu den Quellströmen der ursprünglichen Kunstformen gewesen ist, wurde für Manuela Sambo zu einer Auseinandersetzung mit der künstlerischen Tradition ihrer westafrikanischen Heimat. Mit dieser Anknüpfung an das afrikanische Erbe einerseits und an den deutschen Neoexpressionismus andererseits steht die Künstlerin mit ihrem Werk im Brennpunkt aktueller Kunstprozesse, in deren Mittelpunkt die Kritik am Eurozentrismus und die Frage nach den Künstlern aus der sogenannten Dritten Welt stehen.
Manuela Sambo liefert mit ihrem bewussten Bezug zur Form der Maske ein Beispiel für die Aktualität der afrikanischen Tradition. Mit welchen Mitteln bemächtigt sich die Künstlerin der afrikanischen Tradition und wie geschehen die Transformationen in das Hier und Jetzt? Den Beginn der Auseinandersetzung bildete der Bau von Masken in einer freien Gestaltung aus Pappmache. Schon die Wahl des Materials nimmt Einfluss auf Gestalt und Ausdruck des künstlerischen Produktes.
Die von Manuela Sambo aus Pappmache gefertigte Maske bedeutet von Prinzip her formale Ungebundenheit, also Gestaltung und Ausdehnung ganz nach der Fantasie und Intuition der Künstlerin. So entstanden Masken von zum Teil erheblichen Dimensionen bis zu zwei Metern Höhe. Hinter einer solchen Maske verbirgt sich kein menschliches Gesicht. Die Maske löst sich also aus ihrer rituellen Gebundenheit und die Überdimensionierung verabsolutiert das Prinzip der Maske, macht es zu einem monumentalen Symbolträger. Zum anderen entfaltet sich in den Masken eine gestalterische Freiheit im Umgang mit verschiedenen Details und Proportionen, die nur auf den ersten Blick als formales Kriterium erscheint, denn bei genauerem Hinsehen ergibt sich Nachdenken über bestimmte Formulierungen und deren Bedeutungen. Beispielsweise wäre hier zu nenne die Konzentration auf Augen und Mund, die transparenten, sprich offenen Teile der Maske. Sie werden in Analogie zu vielen afrikanischen Formen skulptural aktiv gestaltet als Trichtermund oder vorspringende Röhrenaugen. Was jedoch in der traditionellen afrikanischen Maskenkultur als offene Vermittling zwischen dem Maskenträger und der Außenwelt fungiert durch Sehen und Sprechen, ist bei Mamuela Sambo häufig durch eine Vergitterung partiell verschlossen – ein Hinweis auf Unterbrechung und Verhinderung der Kommunikation, eine Metapher für die Sprachlosigkeit.